Return to Ländle: Zurück von der Ochsentour

Return to Ländle: Zurück von der Ochsentour
Mag. Simon Bleil, Geschäfsführer GREAT

Bregenz (A) In Hamburg lernte Simon Bleil, dass ein Werbetexter sehr wohl schreibt, die meiste Zeit jedoch mit Nachdenken und Ausprobieren zubringt. Herausragende Ideen zu entwickeln, lernte er bei Jung von Matt in Wien. Ebendort gründete er 2010 mit dem Vorarlberger Raphael Drechsel die Agentur GREAT und kehrte dann in die Heimat zurück, um den Standort Bregenz aufzubauen.

Vermissen Sie die Großstadt?
Nicht wirklich, auch weil ich alle paar Wochen das Großstadtleben genießen kann. Unsere Agentur hat ja Standorte in Bregenz und Wien.

Sie haben bei einer der absoluten Branchengrößen gelernt, bei Jung von Matt.
Ja, ich wollte immer schon zu Jung von Matt. Nach dem Studium in Innsbruck ging es aber erst einmal nach Hamburg: Die Agenturgruppe Scholz & Friends suchte im Rahmen eines Wettbewerbs Texttalente. Ich habe Arbeitsproben hingeschickt und gewonnen: ein halbjähriges Praktikum – mit bis zu 16 Stunden Arbeit pro Tag und auch an den Wochenenden. Ein harter Einstieg in den Texterberuf, aber eine tolle Erfahrung.

In Hamburg wollten Sie nicht bleiben?
Von der Stadt her absolut. Hamburg ist ein Traum, ich mag die Menschen, ihre nordische, herzliche Art. Trotzdem hab ich das Angebot, fix bei Scholz & Friends zu bleiben, ausgeschlagen. Und dafür ein sehr verlockendes angenommen als Texter bei Jung von Matt. Die Agentur hat zwar einen gewissen Ruf, was zum Beispiel das Arbeitspensum angeht. Aber ich denke, gerade am Anfang der Karriere sollte man bereit sein, die Ochsentour zu machen, um von den Besten zu lernen. In meinem Fall bedeutete das etwa, dass ich zu Beginn wochenlang in den Papierkübel getextet habe. Das muss das Ego aushalten. Irgendwann kommt aber die Chance und dann freut man sich umso mehr.

Ist es in Ihrer Branche besonders wichtig, den Schritt über die Grenzen zu wagen?
Es sollte der erste Schritt sein. Immerhin ist es eine Branche, in der man permanent nach Inspiration sucht, da sollte auch das Lernfeld inspirierend sein. In internationalen Agenturen arbeitet man mit hochtalentierten Leuten und lernt von erfahrenen Kreativen. Man entwickelt große Kampagnen, aber auch Werbeideen für kleinere Kunden. Alles auf sehr hohem Niveau. Während des Lernprozesses eignet man sich dann nicht nur das Handwerk an, sondern auch einen gewissen Geist, der die Haltung zum Beruf prägt.

Sie meinen, die Bereitschaft den harten Weg zu gehen?
Ja, wobei ich das nicht nur auf die Karriere beziehe. Vielmehr geht es darum, während der Kreation von Lösungen lange unzufrieden zu bleiben. Die erste Idee ist selten die beste. Daher sollte man sich auch nie in eigene Ideen verlieben, sondern immer wieder neue suchen. Das lohnt sich! Wenn man sich durch die vielen guten Ideen kämpft, kommt man irgendwann zur großartigen Idee. Und dann geht man damit zum Kunden und der spürt sofort, dass diese Idee Kraft hat. Auch ohne lange Überzeugungsarbeit.

Funktioniert das auch in Vorarlberg?
Natürlich. Unternehmen in Vorarlberg sind in der Kommunikation viel ehrgeiziger als man denkt. Auch im Umgang mit der Sprache werden sie immer offener und zu Recht anspruchsvoller. Das ist gut für Agenturen, die nicht nur gestalterisch stark sind, sondern auch ein hohes textliches Niveau beherrschen.

Wie Ihre Agentur?
Ja, zum Beispiel. Unsere Kunden schätzen es, dass wir Text und Grafik schon bei der Ideenfindung ineinanderfließen lassen. Für uns ist das ganz entscheidend. Denn über den Text spricht ja die Marke mit den Menschen. Wenn ich also Menschen für meine Marke oder mein Anliegen begeistern will, müssen beide Disziplinen auf hohem Niveau zusammenspielen. Egal ob Werbung für Fachleute oder Endverbraucher, regional oder international.

Mit Terra Mater Factual Studios oder Amann Girrbach arbeiten Sie ja auch mit international tätigen Unternehmen.
Stimmt schon, aber wir betreuen auch Unternehmen, die in erster Linie in Vorarlberg tätig sind, wie vplus oder Sagmeister. Da funktionieren neue Ideen und unkonventionelle Ansätze genauso. Mit vplus zum Beispiel haben wir kürzlich die Hörer auf Radio Vorarlberg überrascht, indem wir zu Mittag anstatt der üblichen Kirchenglocken Türglocken haben läuten lassen.

Das war mutig.
Kommt darauf an, was man darunter versteht.

Was verstehen Sie darunter?
Für mich ist es mutig, durchschnittliche, langweilige Werbung zu schalten und zu hoffen, dass es den Menschen schon irgendwie gefallen könnte. Noch mutiger ist es, wenn man dafür viel Geld ausgibt.
Ich meine, jeder muss aufs Geld schauen. Umso gefragter sind starke Ideen. Sie können dem Kunden Wettbewerbsvorteile verschaffen und nicht selten auch noch Geld sparen. Ein Beispiel: Ich kann einen schlechten Hörfunkspot 200 Mal schalten, der kommt einfach nicht gut an. Ein außergewöhnlicher PR-Stunt geht oft von selbst durch die Medien.

Für ein Projekt à la Stratos fehlt aber wohl trotzdem das Geld.
Diese Geschichte hat 50 Mio. Euro gekostet und einen Werbewert von wahrscheinlich mehr als 5 Mrd. Euro erzielt. Das funktioniert aber in kleineren Dimensionen genauso: Man kann auch mit viel weniger Geld einen um ein Vielfaches größeren Werbewert lukrieren – wenn man weiß wie.

Und Sie wissen das?
Wir haben die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen. Aber wir haben unser Handwerk bei großen, internationalen Agenturen gelernt. Diese Skills helfen uns bei der Entwicklung von außergewöhnlichen Ideen und deren Umsetzung. Wir gehen jeden Tag auf die Suche mit dem Wissen, wie man richtig sucht.

Einige Ihrer Arbeiten wurden mit nationalen und internationalen Awards ausgezeichnet: vom Creativ Club Austria, wo Sie mittlerweile Juror sind, aber auch in Cannes. Wie wichtig sind Preise?
Sie sind nicht unwichtig, vor allem für einen selbst. Preise motivieren dazu, Ideen auszureizen und nicht zu schnell zufrieden mit seiner Arbeit zu sein. Man misst sich mit der Branche und ist stolz, wenn seine Arbeit gewinnt. Speziell in den ersten Berufsjahren macht es also sehr wohl Sinn, an Wettbewerben teilzunehmen. Danach wird es für einen selbst immer wichtiger, welchen Eindruck die Kampagne bei den Menschen hinterlässt. Ob zum Beispiel eine Marke begeistert oder eine Spendenkampagne Geld einbringt. Das ist die echte Währung der Branche.

Letzte Frage: War die Rückkehr ins Ländle von Anfang an geplant?
Mir war immer klar: Ich komme zurück, muss aber erst einmal weg, um mir die fachliche und inspirative Basis anzueignen, um den Horizont zu erweitern. Da kam der Hafen von Hamburg sehr gelegen (lacht).

Factbox
Mag. Simon Bleil (33)
Texter/Konzepter; Geschäftsführer von GREAT (www.g-r-e-a-t.com)
Wohnhaft in Bregenz
verheiratet, 1 Tochter

•    Studium in Innsbruck
•    Danach: Scholz & Friends (Hamburg) und Jung von Matt (Wien); Kunden wie Siemens, Saturn, Bank Austria, Bipa, Austrian Airlines, Robinson Club, Wien Tourismus, Römerquelle, WIFI und derstandard.at
•    Nationale und internationale Auszeichnungen (Cannes Lions, ADC Deutschland, New York Festival und CCA)
•    Seit 2010 Mitglied und Juror beim CCA Creativ Club Austria
•    2010: Gründung der Agentur GREAT mit Standorten in Wien und Bregenz; Partner: Raphael Drechsel; Kunden: u.a. vplus, Sagmeister, Amann Girrbach, Post

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