Return to Ländle: Wenn man im Ausland war, lernt man die Lebensqualität im Ländle zu schätzen

Return to Ländle: Wenn man im Ausland war, lernt man die Lebensqualität im Ländle zu schätzen
Martina und Markus Amann

Martina und Markus Amann waren für zwei Jahre für die ThyssenKrupp Presta AG in Changchun, China. Markus Amann erzählt vom Chinesisch lernen, Freundschaften knüpfen, der Vielfältigkeit des Landes und dem Gefühl an Weihnachten zu Hause zu sein und erklären, was es damit auf sich hat, dass sie jetzt fast tiefenentspannt sind, wenn sie in der Früh zur Arbeit erscheinen.

Sie waren zwei Jahre beruflich in China. Wie kam es dazu und warum genau China?
Ich habe damals schon bei der ThyssenKrupp Presta AG gearbeitet und die Möglichkeit erhalten, für zwei Jahre nach China in eines der dortigen Werke zu gehen. Meine Frau Martina war zu der Zeit gerade mit dem Studium fertig und hat in der Human Resources Abteilung eine Stelle angeboten bekommen. Da das ein Bereich war, der sie interessiert hat und meine Stelle eine leitende Position war, in der ich viele Erfahrungen sammeln konnte, ist uns die Entscheidung recht leicht gefallen.

China ist ja ein großes Land. Wo genau waren Sie?
Unser Werk war in Changchun, im Nordosten von China. Für chinesische Verhältnisse eine Provinzstadt, trotz der Größe von ein paar Millionen Einwohnern. Da es aber eine Provinzstadt ist, wird man als Ausländer ziemlich genau beobachtet. Die Menschen sind im Grunde aber durchwegs sehr freundlich und offen. Wir haben uns  auf jeden Fall immer sehr sicher gefühlt.

Haben Sie im vorhinein Chinesisch gelernt oder sich anderweitig vorbereitet?
Meine Frau und ich haben in Europa einige interkulturelle Trainings besucht und gelernt, auf was wir im Umgang mit den Mitmenschen achten müssen, was wichtige Umgangsformen sind und so weiter. Chinesisch haben wir dann erst in Changchun gelernt. Zweimal in der Woche für je eine Stunde kam eine Privatlehrerin zu uns – in der Früh vor dem Arbeiten. Das hat dann gereicht, dass wir uns im Alltag verständigen konnten. Also einkaufen, im Restaurant bestellen oder dem Taxifahrer sagen, wo wir hin wollten. Mehr aber auch nicht. Schreiben, lesen oder gar im Geschäftsleben damit durchkommen war absolut unmöglich. Die Chinesen schätzen es aber sehr, wenn man sich bemüht und zumindest ein paar Brocken lernt.

Wie ist es, wenn man vom ruhigen Vorarlberg ins brodelnde China kommt?
Man wird zuerst überschwemmt von neuen Eindrücken. Sieht und lernt jeden Tag etwas Neues. Alles ist spannend, alles interessant. Für mich vor allem beeindruckend ist die Geschwindigkeit, mit der alles in China passiert. Die Städte entwickeln sich rasant. Wenn man zwei Wochen im Urlaub ist, stehen da schon eine Handvoll neue Gebäude bei der Rückkehr.

Wenn man im Fernsehen Berichte über die chinesische Wohnsituation sieht, hat man den Eindruck, die Wohnungen sind so groß wie ein Schuhkarton und ein normaler Europäer hat keine Chance, darin zu leben. Stimmt das? Wo und wie haben Sie gewohnt?
Uns war wichtig, dass wir ganz normal unter Chinesen leben. Es gibt in Changchun auch ein deutsches Dorf, das von der Volkswagen AG aufgebaut wurde, aber da wollten wir nicht wohnen. Wir haben mitten in der Stadt in einer Neubauwohnung gelebt. Das ist in China wichtig, da die Bauqualität nicht so gut ist. Sie war groß geschnitten und hatte normale europäische Standards. Natürlich muss man dazu sagen, dass sich das viele Chinesen nicht leisten könnten und deren Wohnungen dann schon oft recht klein und weniger hochwertig sind.

Konnten Sie Kontakt mit Chinesen knüpfen oder gar Freundschaften schließen?
Kontakte zu knüpfen ist grundsätzlich kein Problem. Im Gegenteil. In China sind die Beziehungen zwischen Menschen sehr wichtig. Ohne ein Netzwerk und ohne, dass man die richtigen Leute kennt, tut man sich sehr schwer im Leben. Das fängt schon bei der Wohnungssuche an und endet bei der Jobsuche und im Geschäftsleben. Aber richtige Freundschaften als Ausländer mit Chinesen zu schließen ist schwierig.

Warum, was ist da anders?
Das ist schwer zu sagen. In China ist es so, dass unter der Woche mit den Arbeitskollegen viel mehr unternommen wird als hier in Europa. Da geht man fast jeden Abend zusammen was trinken oder essen. Und hier spricht man natürlich auch über Privates, erzählt von der Familie, den Kindern und so weiter. Aber, dass man sich am Wochenende treffen würde oder gar nach Hause eingeladen wird, das passiert wirklich sehr selten. Wir haben es aber trotzdem geschafft, ein paar Freundschaften zu schließen und das war schon sehr schön.

Nach zwei Jahren sind Sie wieder zurück nach Vorarlberg gekommen. Waren es dann genug Eindrücke oder warum kam der Entschluss?
Die Verträge bei der ThyssenKrupp Presta AG liefen damals immer auf zwei Jahre und nach dieser Zeit haben wir beide in Liechtenstein gute Positionen angeboten bekommen. Wir wären noch offen gewesen, weiter in China zu bleiben oder auch an einen anderen Standort zu wechseln. Aber so hat es jetzt auch gut gepasst.

Was lernt man und was bleibt einem von so einem langen Auslandsaufenthalt?
Vor allem habe ich gelernt, dass man andere Sichtweisen miteinbezieht. Andere Perspektiven beachtet und Anderes annimmt. Außerdem ist die Erfahrung unschätzbar, wenn man einmal direkt in einem Werk arbeitet. Man bekommt eine andere Sichtweise auf die Zentrale, baut ein Netzwerk am Standort und überhaupt in China auf. Ich konnte zusätzlich noch die ersten Erfahrungen in einer Führungsposition sammeln. Natürlich haben wir beide unser Englisch verbessert. Aber was wirklich wichtig ist, wir haben beide gelernt, wie schön wir es in Vorarlberg haben. Was das für eine Lebensqualität ist, wenn man das Wasser aus dem Hahn trinken kann und die Berge und die Natur vor der Türe hat.

Haben Sie auch den Rest von China bereist und wie oft waren Sie in den zwei Jahren Zuhause?
Wir haben viel weniger getan, als wir uns eigentlich vorgenommen haben. In China haben wir die großen Städte wie Peking und Schanghai besucht und auch sonst einiges angesehen. Dann waren wir noch in Indonesien und Thailand, denn es ist komfortabel, wenn man diese Länder ohne Jetlag besuchen kann. In Vorarlberg waren wir jedes Jahr zu Weihnachten und dann noch etwa ein zusätzliches Mal pro Jahr. Weihnachten zu Hause war etwas Besonderes. Alle sehen und treffen, diese wunderschöne Zeit gemeinsam erleben, gemeinsam feiern. Es war immer sehr intensiv, aber wunderbar.

Was sind jetzt so die Eindrücke, die nach einiger Zeit wieder in Vorarlberg zurückbleiben?
Für mich immer noch beeindruckend ist die Größe vom Land China. Da ist alles so unterschiedlich und vielfältig. Von der Landschaft bis hin zu den Menschen – wirklich, die Menschen sind von Süden nach Norden hin merkbar anders.
Was uns jeden Tag auffällt, ist die Verkehrssituation. In China ist der Verkehr sehr stressig. Im Gegensatz dazu sind wir hier fast tiefenentspannt, wenn wir am Morgen in der Firma ankommen.

Waren das jetzt genug Eindrücke oder steht der nächste Auslandsaufenthalt schon am Plan?
Also genug Eindrücke waren es bestimmt noch nicht. Wir sind ja noch jung und auch ganz offen. Allerdings steht jetzt zuerst noch Nachwuchs ins Haus und da werden wir natürlich erst abwarten, sehen wie sich das neue Leben entwickelt und dann eventuell, wenn es für alle passt, den nächsten Schritt machen.

Zu den Personen:

Martina Amann
Alter: 31 Jahre
Ausbildung:    HLW Rankweil
    Studium der Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik in Innsbruck
Berufliches:    bei ThyssenKrupp Presta AG in China in der HR Abteilung und im Controlling, in Lichtenstein im Investitionscontrolling und jetzt im Operations Excellence

Markus Amann
Alter: 34 Jahre
Ausbildung:    HTL Bregenz für Maschinenbau und Automatisierungstechnik
    Studium am NTB in Buchs
    MBA Studium am Management Center Innsbruck
Berufliches:    zwei Jahre bei Carcoustics
    bei ThyssenKrupp Presta AG in Lichtenstein Projektleiter, in China Leiter der Engineering Abteilung, seit der Rückkehr nach Lichtenstein in verschiedenen leitenden Funktionen tätig (Qualitätsleitung, Leitung einer Customer Business Unit)
        

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