Wirtschaftskammer Salzburg: Arbeitslosigkeit durch neue Wachstumspolitik bekämpfen

Wirtschaftskammer Salzburg: Arbeitslosigkeit durch neue Wachstumspolitik bekämpfen
WK-Präsident KommR Konrad Steindl (Foto: WKS)

Salzburg (A) Licht und Schatten am Salzburger Arbeitsmarkt: Zwar gab es 2015 Rekordbeschäftigung, doch ist auch die Arbeitslosigkeit weiter gestiegen. „Dieses Muster aus den Vorjahren zeigte sich auch 2015. Heuer stehen wir allerdings vor einem zweifachen Problem: Es müssen die wachsenden Flüchtlingsströme integriert werden – und die Politik muss eine neue Wirtschaftsdynamik ermöglichen, damit die Arbeitslosigkeit nicht weiter zunimmt und bestenfalls verringert werden kann“, erklärte Wirtschaftskammerpräsident Konrad Steindl in einem gemeinsamen Pressegespräch mit AK-Präsident Siegfried Pichler und dem Leiter des AMS Salzburg, Siegfried Steinlechner.

Im Vorjahr haben Salzburgs Betriebe trotz nachhaltiger Konjunkturflaute die Beschäftigung weiter ausgebaut. Ende 2015 wurden im Bundesland Salzburg 244.953 unselbstständig Beschäftigte gezählt, um 0,9% mehr als Ende 2014. Damit wurde trotz Konjunkturstillstand ein weiterer Beschäftigungsrekord erreicht. Seit 2009 ist die Zahl der unselbstständigen Beschäftigungsverhältnisse in Salzburg ohne Unterbrechung gewachsen. Steindl: „Das zeugt von einer hoher Leistungsfähigkeit der Betriebe trotz konjunktureller Probleme - und sichert gleichzeitig Einkommen, Kaufkraft und Sozialbeiträge auf hohem Niveau. Immer wieder muss man daran erinnern: der Sozialstaat wird weit überwiegend durch die Sozialabgaben der Betriebe und Arbeitnehmer finanziert - ohne Arbeitsplätze in der Wirtschaft keine Kaufkraft, keine Steuern, kein soziales Netz!“
 
Arbeitskräftepotenzial wächst stärker

Wenngleich die Arbeitslosigkeit um 5,3% auf 15.450 Personen gestiegen ist, ist Salzburg mit einer Arbeitslosenquote von 5,9% (plus 0,2 Prozentpunkte) weiterhin das Bundesland mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit vor Vorarlberg und Oberösterreich (je 6,1%). Österreichweit ist die Quote mit 9,1% fast doppelt so hoch wie in Salzburg. „Dennoch müssen wir den Trend der steigenden Arbeitslosigkeit stoppen – Österreich darf hier nicht in den europäischen Durchschnitt abrutschen. Denn abgesehen von der jeweils persönlichen Problematik ist Arbeitslosigkeit teuer, vermindert die Standortqualität und senkt die Kaufkraft“, erklärte Steindl: „Allem voran zwingen uns aber auch die Flüchtlings- und Migrantenströme zu einer konzertierten Wachstumspolitik“. Denn während das Arbeitskräftepotenzial in den früheren Jahren im Durchschnitt um 0,5% gewachsen ist, wuchs dieses 2015 in Salzburg nicht zuletzt aufgrund des Zustroms an Ausländern um 1,2% an. Mit einer ähnlichen Wachstumsrate ist auch 2016 zu rechnen.
 
„Ein wachsendes Arbeitskräftepotenzial darf aber nicht zu einer drastischen Steigerung der Arbeitslosigkeit führen. Zurzeit wächst die Wirtschaft einfach viel zu wenig, um dieses Potenzial in noch mehr Beschäftigung umwandeln zu können“, warnte Steindl und forderte eine konzertierte und konsequente Wachstumspolitik ein, die Bürokratie abbaut, Arbeit verbilligt und die Investitionsblockade löst.

Die WKS fordert:


  • Die Fortsetzung des positiven Weges der Lohnnebenkostensenkung durch Evaluierung des Sozialsystems, was auch ohne soziale Härte möglich ist.
  • Flexiblere Arbeitszeiten, höhere Durchrechnungszeiträume, weniger Kontrollschikanen.
  • Die sofortige Reparatur des Lohn- und Sozialdumping-Gesetzes, dass nur Unternehmen schädigt, die alles andere als Sozialdumping betreiben.
  • Rechtssicherheit bei der sozialversicherungsrechtlichen Abgrenzung von Selbstständigen/Unselbstständigen.
  • Die Vereinfachung der Lohnverrechnung durch eine Pauschalabgabe pro Dienstnehmer an eine zentrale Stelle.
  • Die Abschaffung der Kumulierung von Strafen, die Senkung existenzgefährdender Strafausmaß und die gesetzliche Einschränkung überzogener Kontrollen
  • Notwendig sind eine Investitions(zuwachs)prämie, ein Beteiligungsfreibetrag und die Fortführung des Handwerkerbonus.
  • Und nicht zuletzt müssen die Verfahren bei Betriebsanlagengenehmigungen deutlich beschleunigt werden.

 Konrad Steindl: „Österreich muss generell einen Weg zurück zu Wirtschaftsfreundlichkeit und Wirtschafts-Dynamik finden!“. Die Unternehmen sind durch ein Übermaß an Regeln, Kontrollen und unnotwendigen Kosten massiv frustriert und blockiert. Investierende Unternehmen sind die Ausnahme. Nur rund 30% der Firmen tätigen derzeit Neuinvestitionen.
 
2015 lag das Investitionsniveau um 2,4% unter dem Niveau von 2008. „Diese Investitions- und Erneuerungsblockade muss dringend abgebaut werden. Dazu braucht es Reformen auf breiter Front. Und das funktioniert nur mit einer großen Reform-Partnerschaft aus Regierung, Parteien und Sozialpartnern. Das ist aus meiner Sicht alternativenlos, wenn wir nicht noch höhere Arbeitslosigkeit bekommen wollen.“
 
Qualifikation prüfen, schulen, integrieren

Wenn die Wirtschaft nicht mehr investiert und wächst, ist es unmöglich, die weiter wachsende Zahl an Asylberechtigten in Arbeitsmarkt und Gesellschaft integrieren zu können. Nach Schätzungen dürften allein aufgrund der 2015 in Salzburg angekommenen Asylsuchenden heuer rund 2.500 Personen das Arbeitskräftepotenzial bzw. die Arbeitslosigkeit vergrößern. Das ist ungefähr die Zahl, um welche die Beschäftigung in Salzburg von 2014 auf 2015 generell zugenommen hat.
 
Die Wirtschaftskammer Salzburg begrüßt die von der Regierung eingezogene Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme. Nur so könne man die notwendige Integration halbwegs sicherstellen, von Qualifikationsproblemen abgesehen. „Man muss der Realität ins Auge blicken – die Integration in den Arbeitsmarkt und die Anhebung auf ein in Österreich übliches Qualifikationsniveau wird eine enorm schwierige Aufgabe und eine jahrelange Herausforderung. Zu glauben, Österreichs Wirtschaft kann 2016 noch mal rund 100.000 Flüchtlinge integrieren, wenn wir noch nicht einmal richtig begonnen haben, die Flüchtlinge des Jahres 2015 zu qualifizieren und in die Integration zu bringen, ist eine klare Fehleinschätzung, die in der Überforderung endet.“ Nach der Entscheidung der Regierung von vergangener Woche wird man in der nächsten Zeit zumindest grob abschätzen können, welche Schulungskapazitäten in Zukunft notwendig sind, was bis dato kaum möglich war. Präsident Steindl betonte: „Wir stehen jedenfalls mit unseren Einrichtungen bereit“.
 
In Absprache mit dem Sozialpartner und dem Land Salzburg werden von Seiten der Bildungseinrichtungen der WKS folgende Qualifizierungsmaßnahmen angeboten, die auf die Arbeitsmarktintegration von Fachkräften, die Nachschulung und die Ausbildung von Jugendlichen zielen.
 
Die wichtigsten Maßnahmen:

Qualifizierungschecks am WIFI: Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte, die bereits arbeitslos gemeldet sind und eine Berufsausbildung oder berufliche Erfahrung angegeben haben, können an Qualifizierungs-Checks am WIFI teilnehmen. Das sind Praxistests, die mit einem Zertifikat des WIFI abschließen. Damit gibt es für künftige Arbeitgeber eine Einschätzung, mit welchem Qualifizierungsniveau zu rechnen ist. Die ersten elf Teilnehmer wurden bereits einem WIFI-Check in den Metallberufen, in Elektrotechnik und im Bereich Küche unterzogen. Geprüft wurde auch das Sprachniveau. Ergebnis: Die Qualifikation ist mehrheitlich nicht dem österreichischen Qualifikationsniveau entsprechend, weitere Schulungsmaßnahmen sind notwendig. Präsident Steindl: „Möglicherweise werden wir uns auf dieses Ergebnis auch flächendeckend einstellen müssen, was einen hohen Schulungsaufwand in den kommenden Jahren bedeuten wird.“ Ein an die Sprachen der Flüchtlinge adaptierter „Talente-Check“ ist ebenfalls einsetzbar, wurde aber noch nicht genutzt.
 
Ausbildung von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigen: Ab Ende Jänner wird es im WIFI eine „Kochausbildung für Anfänger“ für maximal 16 Personen stattfinden. Die Teilnehmer absolvieren derzeit einen Deutschkurs (A2-Level).
 
Übergangsstufe für berufsbildende mittlere und höhere Schulen: In Zusammenarbeit mit dem Landesschulrat startete an der Tourismusschule Bischofshofen eine Übergangsstufe für Jugendliche ohne Kenntnisse der Unterrichtssprache Deutsch. Der Lehrgang dauert noch bis Juli 2016 und umfasst neben den Deutschkursen auch ein „Gastronomisches Praktikum“. Nach diesem Jahr sollen die Teilnehmer (derzeit 21) bereit sein, in eine BHS, BMS oder in eine Lehre einzusteigen. Durch Abschluss und Zeugnis der Übergangsstufe erhalten sie die notwendigen Berechtigungen hierfür. Finanziert werden die Lehrkräfte durch den Bund, alle anderen Ausgaben deckt die Wirtschaftskammer Salzburg. Der Pilotversuch verläuft erfolgreich, der Bund sollte diese funktionierenden Maßnahmen weiter verlängern, fordert Konrad Steindl.
 
Überregionale Vermittlung von Lehrstellen: Im Ballungsraum Wien befindet sich die Mehrzahl der jugendlichen Flüchtlinge. Da die meisten offenen Lehrstellen in den westlichen Bundesländern verfügbar sind, wurden 150 dieser Jugendlichen auf Interessen und Neigungen („Jobprofil“) getestet. 100 sollten schlussendlich überregional vermittelt werden. 62 Unternehmen aus ganz Österreich haben sich bereits gemeldet, auch Salzburger Betriebe sind dabei. Zielgruppe sind Asylberechtige und subsidiär Schutzberechtige unter 25 Jahren. Die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer unterstützt generell Unternehmen bei der Integration der Lehrlinge. Betriebe können finanzielle Unterstützung erhalten, wenn sie Lehrlinge in Sprachkurse schicken. Ebenso wird die Nachhilfe für den Pflichtschulabschluss gefördert. Zusätzlich gibt es Förderungen für vorbereitende Kurse für die Lehrabschlussprüfung.
 
Deutschunterricht am WIFI: Das WIFI Salzburg bietet Kurse in „Deutsch als Fremdsprache“ auf allen Niveaustufen an. Diese Kurse können von Teilnehmern privat gebucht, oder auch z. B. vom AMS finanziert werden. Bis dato haben das nur Migranten, aber noch wenige Flüchtlinge genutzt. Zusätzlich gibt es fachspezifische Deutschkurse in technischen Berufen, für den Dienstleistungsbereich und den Handel.
 
Die Wirtschaftskammer fordert in diesem Zusammenhang:

Geförderte Betriebspraktika: Neben der Anerkennung von Qualifikationen soll auch die Möglichkeit von Betriebspraktika (Arbeitserprobung) geschaffen werden.
 
Erleichterter Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber: Derzeit können Asylbewerber nur eingeschränkt beruflich tätig werden. Die Sozialpartner einigten sich deshalb 2011 in Bad Ischl auf einen erleichterten Arbeitsmarktzugang in Zusammenhang mit einem Ersatzkräfteverfahren.
 
Eingliederungsbeihilfe und Deutschkurse: Betriebe, die Asylberechtigte beschäftigen, sollen um Eingliederungsbeihilfe ansuchen können. Dazu müssten Asylberechtigte den Status der von „Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten Personen“ erhalten.
 
Beschleunigung des Asylverfahrens: Da eine funktionierende Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft erst nach Abschluss des Asylverfahrens gelingt, sollen diese so schnell wie möglich erledigt werden. Vor allem die Anträge von Syrern, deren Recht auf Asyl gesichert ist, könnten durch ein Schnellverfahren erledigt werden.

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