Grenzüberschreitende Forschung stärkt Lebens- und Wirtschaftsraum Bodensee. Wie Technologie- und Strategie-Projekte in der IBH ineinandergreifen.

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  • 11.04.2011 12:59
Grenzüberschreitende Forschung stärkt Lebens- und Wirtschaftsraum Bodensee. Wie Technologie- und Strategie-Projekte in der IBH ineinandergreifen.

In Mitteleuropa entfallen ca. 20 % des industriellen Stromverbrauchs auf den Betrieb von Pumpensystemen. Durch eine intelligente Regelungstechnik kann ihr jährlicher Strombedarf jedoch nahezu halbiert werden. Den Meilenstein zur Reduzierung des Stromverbrauches setzt ein Projektteam, das im Verbund der Internationalen Bodensee-Hochschule IBH gemeinsam forscht.

An einer jetzt errichteten Prototypanlage können Professorin Dr. Agathe Koller-Hodac von der Hochschule Rapperswil und ihr deutscher Kollege Dr. Ralf Stetter von der Hochschule Ravensburg-Weingarten neue mathematische Modelle und Verfahren entwickeln, um die Effizienz der Industriepumpen zu verbessern. Die neuen Verfahren können darüber hinaus beispielsweise ungewöhnliche Betriebszustände im Pumpenkreislauf selbstständig erkennen und Gegenmassnahmen vorschlagen. Diese Art der Regelungstechnik wird bereits erfolgreich in der Fahrzeugtechnik beispielsweise beim elektronischen Stabilitätsprogramm, kurz ESP, eingesetzt und soll künftig auch dem Umweltschutz dienen.

Als Industriepartner ist die Allweiler AG aus Radolfzell mit im Boot, die als weltweit agierender Pumpenhersteller mit Erfahrung in der Entwicklung solcher intelligenter Lösungen in der Regio Bodensee verankert ist und u.a. grosse Kraftwerksbetreiber und Anlagenhersteller beliefert. „Eine solche kooperierte Entwicklung mit Förderung der IBH verschafft den Betreibern von Industriepumpen einen entscheidenden Nutzen durch die Verringerung von Energiekosten und Wartung und uns einen wichtigen Wettbewerbsvorteil“, so Stefan Kleinmann, Vice President und Mitglied der Geschäftsleitung der Allweiler AG.

Regionaler Forschungsschwerpunkt „Energie, Umwelt, Mobilität“

Das Pumpen-Projekt ist Teil der Schwerpunktförderung „Energie, Umwelt, Mobilität“, die die Internationale Bodensee-Hochschule mit Unterstützung des Regionalförderprogramms Interreg initiiert hat. Durch den engen Bezug zur Regio Bodensee können EU-Gelder und Mittel der Ostschweizer Kantone, des Kantons Zürich und aus dem Fürstentum Liechtenstein grenzüberschreitend in die nachhaltige Regionalentwicklung investiert werden.

Während das Forschungsprojekt von Stetter und Koller-Hodac sich produktbezogen neuen Lösungsansätzen zur Energieeffizienz widmet, erforscht ein weiteres IBH-Projekt die Möglichkeiten einer energieautonomen Region. Dieses Projekt „Bodensee-Alpenrhein Energieregion“ (BAER) ist an der Universität Liechtenstein angesiedelt und untersucht gemeinsam mit fünf interdisziplinären Teams aus IBH-Hochschulen, wie der Verzicht auf fossile und atomare – also nicht-erneuerbare - Energieträger technisch und wirtschaftlich machbar ist. Die Bodenseeregion dient hier als Modellregion für andere Landschafts-, Siedlungs- und Wirtschaftsräume auf der ganzen Welt,“ erläutert Prof. Peter Droege, BAER-Projektleiter an der Universität Liechtenstein. „Energieeffiziente Entwicklungen, die den Stromverbrauch senken, wie etwa die der Kollegen aus Weingarten und Rapperswil, sind massgeblich am Erfolg der Strategie beteiligt. „Ohne Sparmassnahmen wie auch eine umfassende Strategie der gesellschaftlichen Suffizienz ist eine vollständig erneuerbare Energieversorgung nur schwer denkbar“, betont Droege, der Präsident von Eurosolar und ein Gründungsvorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien ist.

Hintergrundwissen Pumpen-Systeme

Der zunehmende weltweite Bedarf an elektrischer Energie und die immer wichtiger werdende Schonung der Umwelt und Ressourcen stellt eine der grössten Herausforderung für die Zukunft dar. Nach einer Studie der „Energy Information Administration“ wird sich der Bedarf an elektrischer Energie bis zum Jahr 2030 global verdoppeln. Zur Förderung von Fluiden werden 4 % der weltweit erzeugten elektrischen Energie verwendet. In Deutschland fallen 20 % des industriellen Stromverbrauchs auf den Betrieb von Pumpen und Pumpensystemen. Durch die Optimierung von Pumpensystemen können Schätzungen zufolge 30-50% des jährlichen Strombedarfs eingespart werden.

Die Pumpenhersteller stehen in der Verantwortung, durch eine ganzheitliche Forschungsstrategie und die gezielte Ausweitung der Forschungsaktivitäten sich den Herausforderungen energie- und ressourcenschonender Fluidförderung zu stellen. Forschungsarbeiten zur Überwachung, Steuerung, Regelung und zur zustandsabhängigen Wartung bei Pumpensystemen, insbesondere auch unter Einsatz von fortgeschrittenen Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose, können hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Bei grossen Systemen der Verfahrens- und Energietechnik werden fortgeschrittene Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose, wie z.B. der Einsatz partieller parametrischer Modelle, neuronaler Netze und von Fuzzy-Logik, heute vielfach erfolgreich eingesetzt.

Fortgeschrittene Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose von Pumpen basieren häufig auf modellbasierten Verfahren. Durch die Anwendung ergeben sich grosse Vorteile hinsichtlich der Transparenz und Robustheit der Prozesse. Darüber hinaus kann die Effizienz der Prozesse durch fortgeschrittene Verfahren der Regelungstechnik verbessert werden. Wartungsbedarf kann frühzeitig vorausgesehen und koordiniert werden. An verschiedenen Stellen werden (Rechner-)Systeme entwickelt, die es erlauben, fortgeschrittene Regelungs- und Diagnosealgorithmen effektiv und effizient einzusetzen.

Eine zielgerichtete, systematische Adaption der Ansätze fortgeschrittener Regelung und Diagnose auf Pumpensysteme war bisher nicht Gegenstand von Forschungsarbeiten und ist demzufolge in der Industrie kaum realisiert. Die besonderen Herausforderungen der Simulation der Vorgänge in einer Pumpe standen bisher einer Realisierung entgegen, neue vereinfachte Verfahren und verbesserte Rechnerleistungen ermöglichen heute die Realisierung.

Der Einsatz von fortgeschrittenen Verfahren in der industriellen Anwendung stellt keine ausschliesslich technische Fragestellung dar. Vielmehr müssen detaillierte Kenntnisse über die Erfordernisse der Kunden und des Marktes vorliegen.

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