Gedämpftes Wirtschaftswachstum durch Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern

Gedämpftes Wirtschaftswachstum durch Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern
(Foto: Bernd Deschauer / pixelio.de)

Wien (A) Die ersten Monate des Jahres 2016 waren durch starke Marktturbulenzen gekennzeichnet, als Folge der Unsicherheiten über die wirtschaftliche Lage der asiatischen und lateinamerikanischen Wachstumsmärkte, die in den vergangenen Jahren die Weltwirtschaft angetrieben hatten.

„Die Sorgen um die Konjunktur in den Schwellenländern sind berechtigt. Auch Österreichs Wirtschaft spürt die Wachstumsverlangsamung in diesen Ländern. Allerdings bleiben die Auswirkungen für die heimische Wirtschaft letztlich insgesamt verkraftbar“, fasst Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer eine aktuelle Analyse der Bank Austria zu den wirtschaftlichen Folgen einer Verlangsamung der Konjunktur in den Schwellenländern für die österreichische Wirtschaft zusammen.

2015 verringerte sich der Anstieg des BIP in den Schwellenländern auf durchschnittlich 4 Prozent. Das war das schwächste Wachstum seit 2009, als sich die Folgen der US-Finanzkrise niedergeschlagen hatten. „In Österreich hat der Rückgang des Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern im Jahr 2015 die Wirtschaftsdynamik um rund 0,2 Prozentpunkte gedämpft. Hätten die Schwellenländer also ein gegenüber dem Vorjahr unverändert hohes Wachstum erreicht, wäre die österreichische Wirtschaft 2015 immerhin um 1,1 und nicht nur um 0,9 Prozent gewachsen“, meint Bruckbauer. Die österreichische Bruttowertschöpfung ist 2015 gegenüber dem Vorjahr um rund 7 Mrd. Euro gestiegen. Über den Außenhandel ist die heimische Wertschöpfung um über 600 Mio. Euro durch die Schwellenländer belastet worden. Ausschlaggebend war dabei vor allem der starke Wirtschaftseinbruch in Russland, der die heimische Wertschöpfung um über 1,1 Mrd. Euro gebremst hat. Auch Brasilien, China und Saudi-Arabien waren für verhältnismäßig geringe Einbußen in der heimischen Wertschöpfung verantwortlich. Indien, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Mexiko haben dagegen klar positiv zur Wirtschaftsentwicklung in Österreich beigetragen.

Die Sorgen um die Konjunkturentwicklung in den Schwellenländern haben sich in den vergangenen Monaten weiter erhöht und weltweit zu Marktturbulenzen und Verunsicherungen geführt. „Die wirtschaftliche Situation in China, der Preisverfall von Rohstoffen und die Trendwende der US-Geldpolitik sind die drei großen wirtschaftlichen Herausforderungen in den Schwellenländern mit Störpotenzial für die Konjunktur. Während wir eine globale Rezession, ausgelöst durch die Schwellenländer, zwar als unwahrscheinlich erachten, ist in den vergangenen Monaten das Risiko, dass die Weltwirtschaft 2016 an Schwung verlieren könnte, spürbar gestiegen“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

„Die Ansteckungsgefahr für Industrieländer bei einer Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern ist heute viel höher als noch vor wenigen Jahren, denn der Anteil der Schwellenländer am Welt-BIP hat sich innerhalb der vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt und rund die Hälfte des globalen Wirtschaftswachstums wurde zuletzt in den Schwellenländern generiert“, so Pudschedl. Der Anteil der Schwellenländer an der globalen Wirtschaftsleistung ist von 18,5 Prozent im Jahr 1995 auf 40,5 Prozent im Jahr 2015 gestiegen. Der Beitrag der Schwellenländer am globalen Wirtschaftswachstum ist von rund 20 Prozent (1980-1999) auf über 50 Prozent (seit 2000) gestiegen.

Auch die österreichische Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren verstärkt die Chancen in den stark wachsenden Schwellenländern gesucht und engere Beziehungen geknüpft. Die österreichische Wertschöpfung, die in Gütern und Dienstleistungen enthalten ist, die in die Schwellenländer ausgeführt werden, betrug 2015 bereits rund 13 Prozent der gesamten österreichischen Wertschöpfungsexporte. Die Abhängigkeit von der Konjunktur ergo Importnachfrage der Schwellenländer ist aufgrund der darin enthaltenen indirekten Exporte, etwa über Deutschland, spürbar größer als es die herkömmlichen Exportdaten vermitteln. „Die Endnachfrage der untersuchten Schwellenländer betrug 2015 4,4 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung. Der Einfluss der Schwellenländer auf die heimische Wirtschaft hat sich damit seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt“, meint Pudschedl und ergänzt: „Damit ist Österreich stärker als die meisten anderen europäischen Länder von Konjunkturschwankungen in den Schwellenländern betroffen.“ Der Anteil der Endnachfrage der Schwellenländern an der heimischen Wertschöpfung ist in Italien, Frankreich oder Spanien geringer als in Österreich, nur der deutsche Vergleichswert ist mit über 6 Prozent klar höher.

Die heimische Industrie weist mit einem Anteil der Endnachfrage der Schwellenländer an der österreichischen Branchenleistung von 8 Prozent die stärkste Verflechtung aller Wirtschaftssektoren auf. „Die starke Exportorientierung macht die österreichische Industrie wenig überraschend am stärksten von der Nachfrage aus den Schwellenländern abhängig. Insbesondere der Maschinenbau, die Metallbranchen und die Herstellung optischer und elektrischer Ausrüstungen sind Konjunkturschwankungen in diesen Märkten besonders stark ausgeliefert“, so Pudschedl. Das relativ stärkste Engagement mit dem größten Einfluss der Schwellenländer auf die Wertschöpfung einer Branche besteht innerhalb der Industrie im Maschinenbau, wo fast 15 Prozent der Wertschöpfung von den wichtigsten Schwellenländern nachgefragt werden. Die Nachfrage aus Südafrika, Mexiko, China und der Türkei ist besonders stark auf den Maschinenbau konzentriert. Zu den Branchen mit der stärksten Abhängigkeit von der Endnachfrage der Schwellenländer zählen weiters noch die Metallerzeugung mit einem Anteil von 13,5 Prozent und die Herstellung optischer und elektrischer Ausrüstungen mit einem Anteil von über 11 Prozent an der gesamten Wertschöpfung der Branche.

„Der Segen zusätzlicher Wachstumsimpulse durch die stärkere Vernetzung mit den Schwellenländern wird sich im Falle einer Wachstumsabschwächung für Österreich, zwar nicht zu einem bedrohlichen Fluch umkehren, der Effekt einer Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern ist für die österreichische Wirtschaft aber klar spürbar. Die Betroffenheit Österreichs ist sogar stärker als jene der meisten europäischen Länder, aber der dämpfende Effekt bliebe verkraftbar“, meint Bruckbauer. Nach den Berechnungen der Bank Austria würde ein synchroner Rückgang des Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern um einen Prozentpunkt für die österreichische Wirtschaft abhängig vom jeweiligen Schwellenland einen relativ moderaten, dämpfenden Einfluss von nur 0,01 durch Malaysien bis zu 0,16 Prozentpunkte durch China bedeuten. Insgesamt ist unter der Annahme von ansonsten gleichen Bedingungen über den Transmissionskanal Außenhandel mit einem negativen Wachstumseffekt auf die österreichische Wirtschaft von kumuliert rund ½ Prozent bei einem Rückgang des BIP in den Schwellenländern um 1 Prozentpunkt zu rechnen. Die stärksten Belastungen sind dabei durch China zu erwarten, gefolgt von Russland und der Türkei. Anpassungsmaßnahmen und niedrigere Rohstoffpreise würden diesen Effekt jedoch voraussichtlich erheblich reduzieren.

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