Energiekonzept für eine Weltpremiere

Energiekonzept für eine Weltpremiere
Atemberaubende Aussicht von der Staubern-Bergstation.

Als erste Bergbahn der Welt wird die Staubern-Bahn energetisch autonom betrieben. Das Energiekonzept für die Pionierleistung im Alpsteingebiet stammt aus der Feder von Markus Markstaler, Wissenschaftler an der NTB.

Vor rund sieben Jahren hatte Daniel Lüchinger die Idee, eine Seilbahn in den Alpstein zu bauen, die sowohl die Umwelt schont als auch Passagiere schneller und in grösserer Zahl transportieren kann. Dank Solarstrom sollte sie energetisch autonom betrieben werden. Der Staubern-Wirt ist begeisterter Tesla-Fahrer und hielt trotz aller Unkenrufe an seiner Vision fest. Auf der Suche nach Leuten, die ihm helfen sollten, seine Idee zu verwirklichen, stiess er unter anderem auf Arthur Büchel, der mit der iWorks AG in Ruggell ein Beratungsbüro betreibt und Mitglied des Fördervereins Institut für Energiesysteme an der NTB ist. So landete der Auftrag, ein Energiekonzept für die Staubern-Bahn zu berechnen, schliesslich auf dem Schreibtisch von Markus Markstaler, Energiespezialist und Lehrbeauftragter an der NTB. «Die Idee erschien mir sehr utopisch», sagt Markstaler rückblickend, «es ist der grosse Verdienst von Daniel Lüchinger, der mit eisernem Willen das Projekt verfolgte, die Finanzierung sicherte und die Bahn trotz aller Herausforderungen baute.»

Die Finanzierung der Vorstudie übernommen haben die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK), um ein mögliches Contracting-Modell zu prüfen. Das Resultat der Rechnung ergab aber, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts für den Staubern-Wirt viel höher ausfällt als für den Energieversorger. Und so sorgte die Wirtefamilie Lüchinger selbst für das Funding. Insgesamt flossen über fünf Millionen Franken in das Vorzeigeprojekt.

Tragseil der Bahn als Energietransporteur
Das von Markus Markstaler erarbeitete und am Alpstein umgesetzte Energiekonzept sieht vor, die vom Netz bezogene Energie und Spitzenleistung für Bahn und Restaurant zu minimieren. Die Bahn bezieht die benötigte Energie aus einer grossen Batterie, welche durch Photovoltaik bei der Talstation versorgt wird. Eine der grossen Herausforderungen bestand darin, die Energie zum Berggasthaus, das auf 1750 Metern Höhe liegt, zu leiten. Eine Hochspannungsleitung vom Tal bis in die Bergstation zu ziehen, wäre unbezahlbar gewesen. Zudem gab es beim Berggasthaus nicht genug sonnenexponierte Flächen, um den Restaurantbetrieb über Photovoltaikanlagen mit genügend Energie zu versorgen. «Als einzige Möglichkeit blieb, bei der Talstation mit Photovoltaik elektrische Energie zu produzieren und diese dann über eine Kupferleitung im Inneren der Tragseile der Bahn nach oben zu transportieren», sagt Markstaler. Oben auf dem Berg kann durch einen Pufferspeicher, der die unten im Tal produzierte Energie im Restaurantbetrieb verfügbar macht, die Stromversorgung sichergestellt werden. Dadurch konnte Wirt Daniel Lüchinger den bisherigen Pflanzenölgenerator für die Stromversorgung in seinem Restaurant Staubern abstellen.

Dynamisches statt statisches Energiekonzept
Etwas Besonderes liess sich Markus Markstaler auch bei der Erstellung des Energiekonzepts einfallen. In der Regel basieren solche Studien auf einer Berechnung von Zeitreihen mit definierten Ausgangsparametern. Wenn sich diese ändern, kommt auch ein anderes Resultat heraus. Weil beispielsweise die Kosten für Batterien oder die Stromgewinnung durch Photovoltaik stetig sinken, ist die Aussage eines Energiekonzepts in Berichtsform nur für eine limitierte Zeit gültig, obwohl sich die Berechnungsmethodik nicht ändert. Das Energiekonzept der Staubern-Bahn ist daher dynamisch gestaltet: In eine Webseite integriert können die Ausgangsparameter angepasst und so per Mausklick neue Resultate generiert werden. Daniel Lüchinger und die SAK haben als Studienfinanziererin ein Werkzeug zur Hand, um die Wirtschaftlichkeit effizient zu berechnen. Das Institut für Energiesysteme IES empfiehlt sich daher auch für andere Unternehmen als idealer Partner für den Aufbau neuer Betätigungsfelder und die Optimierung bestehender Prozess.

Kurzinterview mit Markus Markstaler
Idee stammt aus der Open-Source-Bewegung


Was war für Sie das Besondere am Auftrag, ein Energiekonzept für die Bergbahn und das Berghaus Staubern zu erarbeiten?
Markus Markstaler: Zum einen sicher die Begeisterungsfähigkeit vom Staubern-Wirt Daniel Lüchinger für nachhaltige Energiekonzepte. Er hatte die Vision und den Willen, die Bahn nach seinen Vorstellungen zu bauen und er hatte wohl auch nicht zuletzt dank seiner ansteckenden Begeisterung die Finanzierung zu Stande gebracht.

Was hat Sie dazu bewogen, statt eines Konzeptpapiers ein dynamisches Energiekonzept zu erstellen?
Die Idee stammt ursprünglich aus der Open-Source-Bewegung: Menschen stellen ihr Wissen und ihre Zeit unentgeltlich für Projekte zur Verfügung, mit denen andere Geld verdienen. Die Projektpartner haben nun ein Instrument zur Hand, mit dem sie ähnliche Projekte wie die Staubern-Bahn berechnen und daran verdienen können. Das ist auch gut so. Mein Ziel ist es, mehr Wissen, mehr Konzepte und mehr Projekte zum Thema Energie zu generieren – da haben letztlich alle etwas davon. Denn für gewöhnlich hat sonst nur die öffentliche Hand die Möglichkeiten, solch umfangreiche Studien in Auftrag zu geben.

Welche weiteren Pläne haben Sie?
Das Konzept des dynamischen Energiekonzepts ist Kernelement in der Weiterbildung «CAS Energie digital», einem Kurs in unserem Master-Programm Energiesysteme. Dabei werden die Techniken wie etwa Internet of Things (IoT) und Data Analytics vermittelt, um eigenständige Simulationen durchzuführen oder ein schnelles Prototyping mit Hardware für Energieapplikationen.

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