Die Blaupause vom Bodensee

Die Blaupause vom Bodensee

Kreuzlingen (CH) Die Internationale Bodenseehochschule dient als Vorbild für die Zusammenarbeit von Hochschulen im Südosten Europas: Im Donauraum beginnen Dutzende Hochschulen grenzübergreifend zusammenzuarbeiten. Joze Gricar ist der Kopf hinter dieser Zusammenarbeit.

Joze Gricar hat 2007 an der Europäischen Konferenz über Informationssysteme in St. Gallen teilgenommen. Der Professor der slowenischen Universität Marburg (Maribor) nahm sich anschliessend einen Tag Zeit, um die Bodenseeregion zu bereisen. Er war überrascht zu sehen, wie leicht das möglich war: Selbst für die öffentlichen Verkehrsmittel waren die Grenzen kein Hindernis.

Es braucht Zeit, Grenzen zu überwinden
Mindestens ebenso sehr hat ihn die Zusammenarbeit im Rahmen der Internationalen Bodenseehochschule (IBH) beeindruckt. „Da arbeiten 29 Hochschulen in vier Ländern zusammen, eine Geschäftsstelle mit gerade mal drei Mitarbeitern begleitet eine ganze Reihe von Projekten“, sagt Gricar. „Das ist für uns etwas Neues.“ Die IBH habe Herausforderungen bewältigt, die sich auch im Donauraum stellen. So müssten auch im grossen Raum von Wien und Triest über Laibach (Ljubljana) und Zagreb bis Novi Sad und Budapest Grenzen überschritten werden. Auch wenn zumindest zwischen den EU-Ländern bereits die physischen Grenzen gefallen sind, so seien doch viele Systeme und Lösungen noch immer national organisiert und wirkten so als Barrieren.
Gleichzeitig zeige die IBH auch, dass die Zusammenarbeit Zeit brauche, um zu wachsen. Die Zusammenarbeit der Hochschulen im Bodenseeraum habe vor einem Jahrzehnt begonnen. „Das heisst, auch wir werden Zeit brauchen.“
Und drittens könnte die Zusammenarbeit sich auch in experimenteller Art entwickeln. So werde im November eine Gruppe von Bürgermeistern slowenischer Gemeinden, die bereits heute untereinander zusammenarbeiten, ins nördliche Nachbarland reisen, um eine Gruppe österreichischer Bürgermeister zu treffen. Dabei werde es um konkrete Formen der Zusammenarbeit etwa zwischen kleineren und mittleren Unternehmen gehen.

Neue Technologien helfen
Mitte September war Gricar Koordinator der ersten Danube eRegion Conference. Dabei haben Vertreter der EU-Kommission und der slowenischen Regierung  ebenso referiert wie die Rektoren unter anderem der Universitäten im serbischen Novi Sad, dem slowakischen Kosice, dem kroatischen Rijeka und dem slowenischen Marburg sowie die Vizerektoren der Universitäten Triest, Graz und der Universität im slowenischen Koper. „Unsere Konferenz ist innovativ, weil es die Universitäten auf der Ebene der Spitze der Verwaltungen zusammenbringt“, sagt Gricar. Auch Praktiker etwa der österreichischen Wirtschaftskammer und des Softwareriesen SAP haben an der Konferenz gesprochen.

Die Teilnehmer wollten aber nicht bei schönen Worten stehenbleiben. Nun gehe es darum, konkrete Projekte umzusetzen, durchaus auch experimentell. So werde in den Grenzregionen Sloweniens und Kroatiens an einer gemeinsamen Lösung für die elektronische Rechnungsstellung gearbeitet. Daran beteiligten sich auch Handelskammern, eine Bank und spezialisierte Unternehmen. Auch Partner aus Österreich und Bosnien würden einbezogen.

Erfahrungen vom Bodensee weitergeben
Bereits ist eine Nachfolgekonferenz geplant, die in einem Jahr ebenfalls in Laibach stattfinden soll. Zum Organisationskomitee gehört erstmals auch ein Vertreter einer Schweizer Hochschule: Joze Gricar hatte Hans-Dieter Zimmermann von der Fachhochschule St. Gallen eingeladen, an der ersten Danube eRegion Conference über die IBH und insbesondere deren Beitrag zur Entwicklung von Netzwerken zu sprechen, die auf den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien beruhen. Zimmermann hatte ab 1995 die Electronic Mall Bodensee mit aufgebaut und geleitet, die erste elektronische Plattform für eine grenzüberschreitende Region überhaupt. Seine Erfahrung, wie er sie nun auch in Laibach geschildert hat: Ein solches grenzüberschreitendes Projekt braucht die breite Unterstützung der Politik. So wurde die Electronic Mall von der Internationalen Bodenseekonferenz, besonders aber vom Kanton St. Gallen unterstützt. Gleichzeitig helfe ein solches Projekt der Region, auf eine natürliche Weise zusammenzuwachsen. Wichtig ist aber zusätzlich eine gemeinsame Vision zur Entwicklung einer Region.

Vernetzung gesellschaftlich nutzen
Der Bodenseeraum ist vernetzt. Die Vernetzung muss aber auch genutzt werden. Hans-Dieter Zimmermann bereitet daher mit Kollegen der Zeppelin-Universität Friedrichshafen und der Universität Liechtenstein ein Projekt vor, wie die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien für die gesellschaftliche Innovation und die Stärkung der Bürgerbeteiligung in Gesellschaft und Politik genutzt werden können. Das Projekt „eSociety Bodensee 2020“ könnte Anfang nächsten Jahres starten, die Finanzierung ist beantragt. „Wir wollen den Bodenseeraum zu einer besonders innovativen Region im Wandel zur eSociety machen“, sagt Zimmermann. „Ziel ist die Entwicklung einer gemeinsamen eSociety Strategie für die Bodenseeregion“.
Kommt das Projekt zustande, können dessen Ideen auch im Rahmen der eDanube Conference genutzt werden – und umgekehrt Ideen aus dem Donauraum in die Arbeit am Bodensee einfliessen. Zusammenarbeit ist keine Einbahnstrasse.

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