Das flüsterleise Vielzweck- Fahrzeug

Das flüsterleise Vielzweck- Fahrzeug

Die RIGITRAC Traktorenbau AG ist ein Schweizer KMU und baut selber «konventionelle», also dieselbetriebene Traktoren. Das Unternehmen entwickelt seine Produkte seit Jahren weiter und erweitert nun sein Angebot mit elektrisch betriebenen Landmaschinen. Um das nötige Know-how im Bereich der elektrischen Antriebe aufzubauen, arbeitet RIGITRAC für die Erzeugung eines Funktionsmusters mit der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs NTB zusammen.


In diesem KTI-Projekt hat RIGITRAC zusammen mit der NTB ein Traktorsystem – bestehend aus Kompakttraktor und drei dazu passenden Anbaugeräten – elektrifiziert. Anschliessend wurde das Gesamtsystem hinsichtlich Effizienz regelungstechnisch optimiert.

Im Gegensatz zu ähnlichen Produkten wird das Kompakttraktor-System vollelektrisch betrieben. Anstelle des Dieselmotors und des Stromgenerators besitzt der RIGITRAC eine Hochvolt-Batterie. Diese versorgt das gesamte System mit Strom. Cornel Pfister, Projektleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut EMS, betont: «Die Batterie kann über eine herkömmliche Steckdose mit ‹grüner› und erneuerbarer Energie geladen werden. Das Kompakttraktor- System läuft somit nicht nur lärmarm, sondern auch emissionsfrei.»

Einer der grössten Vorteile eines elektrisch betriebenen Traktors: Er produziert keine Dieselrückstände und Abgase. Deshalb ist der Traktor in einer ersten Phase besonders im Kommunalbereich und im Bereich Indoor – grosse Ställe und Gewächshäuser – sehr gefragt.

Hauptmerkmale des Systems

––Energieversorgung
Eine Hochvolt-Batterie, die zwischen den Achsen eingebaut wird, versorgt das Gesamtsystem (Traktor und Anbaugeräte) mit elektrischer Energie.

––Fahrantrieb
Zwei effiziente Elektromotoren (Prinzip Achsantrieb) treiben je eine Achse an.

––Elektrisch angetriebene Zapfwellen
Jede Zapfwelle wird separat mit einem Elektromotor angetrieben und von der zentralen Steuereinheit (ECU) angesteuert. Die Drehzahlen und Leistungen der Anbaugeräte können damit unabhängig von der Drehzahl und Leistung des Fahrantriebs betrieben werden.

––Sensoren auf Anbaugeräten
Die Anbaugeräte werden mit Sensoren versehen, welche an die zentrale Steuereinheit (ECU) angeschlossen werden. Die Steuerung kann die aktuellen Systemzustände in Echtzeit auswerten und die E-Motoren der Zapfwellen entsprechend ansteuern oder regeln (intelligente Verknüpfung).

––Thermomanagement
Ein System aus einem Klimagerät und diversen Wärmetauschern zur Temperierung der Fahrzeugkabine und der Batterie minimiert den Energieverbrauch während der Fahrt.

––Erfassung und Analyse der Betriebsdaten
Via UMTS werden Betriebsdaten in einer Cloud gesammelt und Anwenderprofile erstellt. Die Erkenntnisse sind die Basis für eine Serienentwicklung. Die Betriebszeit hängt sehr stark vom Einsatz ab und variiert zwischen 3 und 10 Stunden. Im Vergleich zum Diesel sinken die Energiekosten um den Faktor 3 bis 5.

Leistung der NTB

–– Konzepterstellung E-Traktor
–– Dimensionierung und Auswahl der Antriebskomponenten
–– Auslegung der Hochvolt-Batterie inkl. Ladegerät
–– Konzept und Dimensionierung des Thermomanagements
–– Ermittlung des Energiebedarfs einiger Anbaugeräte
–– Entwicklung geeigneter Sensorsysteme für die Anbaugeräte (z. B. Messung der Grasfeuchtigkeit und Grasmenge)
–– Aufbau der Steuerung und Regelung des Fahrzeuges und der Anbaugeräte (z. B. Regelung der Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Grashöhe und Grasfeuchtigkeit)
–– Programmierung der Fahrzeug-Software und Inbetriebnahme

Innovation / Projektfokus
Die Innovation und damit auch der Fokus des Projekts liegt in der Regelung des Gesamtsystems. Die Verknüpfung der Anbaugeräte (E-Motoren und Sensoren) mit der zentralen Steuerung ermöglicht intelligente Steuerungs- und Regelungskonzepte. Damit lässt sich der Energiebedarf des Kompakttraktor- Systems minimieren.

Herausforderung
Max Stöck, Dozent für Mechatronik und Produktentwicklung an der NTB, sieht die grösste Herausforderung bei diesem Projekt im Überführen der Erfahrungswerte in intelligente Regelalgorithmen. So wird z. B. beim Mähen die Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Grashöhe und Grasfeuchtigkeit geregelt. Erschwerend komme hinzu, dass es noch wenig Literatur zu Regelungstechnik von elektrisch betriebenen landwirtschaftlichen Anbaugeräten gibt. Folglich konnte nur sehr eingeschränkt auf Entwicklungen und Erkenntnisse von Vorarbeiten zurückgegriffen werden. Eine grosse Hilfe seien hingegen die praktischen Erfahrungswerte von Sepp Knüsel (CEO RIGITRAC) in Bezug auf optimale Einsatzbedingungen von Anbaugeräten. Stöck zeigt sich sehr zuversichtlich für die Zukunft dieses Projektes: «Letztes Jahr durften wir am grössten Elektrofahrzeug der Welt, dem E-Dumper, mitarbeiten. Das neue Fahrzeug bricht zwar keine Weltrekorde – aber vielleicht werden wir den elektrisch betriebenen Traktor schon bald überall antreffen.»

CO2-Reduktion
Auf einem durchschnittlichen schweizerischen Landwirtschaftsbetrieb mit einer Nutzfläche von 18 ha (2011) spart der mit Photovoltaikstrom betriebene E-Traktor den Mehraufwand an grauer Energie für die elektrische Ausrüstung innerhalb von 1,9 Monaten. Bei dieser Nutzfläche werden mit einem E-Traktor jährlich circa 12 t CO2 eingespart. Dies entspricht einer Einsparung von etwa 4500 Litern Diesel pro Jahr.

⊲⊲www.ntb.ch/ems
⊲⊲www.rigitrac.ch

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