Julia Kleindinst: „Herausforderungen bringen einen weiter“

Julia Kleindinst: „Herausforderungen bringen einen weiter“
Julia Kleindinst

Sie studierte Geschichte, war danach über zehn Jahre beim Technologiekonzern Siemens im Bereich Corporate Communications tätig und wechselte dann zur Esterházy Privatstiftung, wo sie ihre Passion – die Kultur – auch beruflich ausleben konnte. Heute ist Julia Kleindinst Leiterin der Kommunikation des ifs und erzählt im Interview, was Geschichte mit Technologie zu tun hat, wie man der Sonne entgegen pendelt und warum ihr hier (trotzdem) nicht fad wird.

Sie sind 1988 nach Wien gegangen, um dort zu studieren. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie erst 22 Jahre später in die Heimat zurückkehren?

Nein. Wobei ich mir eigentlich nie so genau überlegt habe, wohin ich gehe bzw. wo ich bleibe. Und nachdem ich direkt nach meinem Studium einen wirklich tollen Job bei Siemens bekommen habe, hat sich die Frage gar nicht mehr gestellt.

Apropos „toller Job“: Wie kommt es – und entschuldigen Sie bitte die Frage –, dass man nach einem Geschichtsstudium bei Siemens im Bereich Corporate Communications landet?
Nun, grundsätzlich hat mich das Thema Kommunikation schon immer interessiert. Ich habe mir zuerst auch überlegt, ob ich ein Studium in diesem Bereich machen soll, mich schlussendlich aber doch für das Geschichtestudium entschieden. Als ich mich dann auf das Frühmittelalter spezialisiert habe, bin ich an einen Professor „geraten“, der einen irrsinnig interessanten, dreijährigen Ausbildungskurs am Institut für Österreichische Geschichtsforschung geleitet hat, bei dem man mit einem Master für Geschichtsforschung und Archivwissenschaft abschließt. Das ist einerseits die Eintrittskarte für eine wissenschaftliche Karriere. Andererseits ist es aber auch eine hervorragende Voraussetzung für die Arbeit in einem Landes- oder Unternehmensarchiv.

Wie das bei ihnen der Fall war...

Ja, wobei es eher ein Zufall war, dass das tatsächlich so gekommen ist. Ich habe nämlich zusammen mit einer Studienkollegin das Angebot bekommen, im historischen Archiv von Siemens Österreich zu arbeiten und ein Betriebspraktikum in der Abteilung Unternehmenskommunikation zu absolvieren. Damals hat Siemens beschlossen, ein eigenes Veranstaltungszentrum, das Siemens Forum Wien,  aufzubauen – und ich bin geblieben.

Das heißt: Sie waren sowohl für die Unternehmenskommunikation als auch für die Unternehmensarchiv verantwortlich?
Ich war Teil der Unternehmenskommunikation unter Peter Baumgartner, von dem ich viel gelernt habe. Siemens legt sehr viel Wert auf seine Geschichte und sieht das Archiv als wichtiges Element der Kommunikation. So galt es unter anderem, die Geschichte im Rahmen von Ausstellungen und Veranstaltungen lebendig werden zu lassen – ein Beispiel war die Dauerausstellung „Zeitreise“. Außerdem war ich Teil des Projektteams, das mit der Konzeption und Umsetzung von Sonderausstellungen beauftragt war – ich habe mich also nicht nur mit geschichtlichen Themen befasst. Es hat sich im Laufe der Jahre einfach das eine ums andere ergeben: So habe ich etwa Projekte im Rahmen der Kulturprogramme des Unternehmens geleitet, hatte die Projektverantwortung beim Kinderprogramm und war für die Koordination und Abwicklung des gesamten Ausstellungsbetriebes verantwortlich. Spannend war übrigens, dass bei jeder Ausstellung immer die neuesten Techniken von Siemens inkludiert wurden.

Klingt wirklich interessant und abwechslungsreich. Trotzdem wechselten Sie 2007 zur Esterházy Privatstiftung nach Eisenstadt...

Stimmt, denn ich hab ein Angebot bekommen, zu dem ich einfach nicht nein sagen konnte: Und zwar im Hinblick auf das Haydn-Jahr 2009 im Bereich Kulturmarketing und Events mitzuarbeiten. Kultur war und ist für mich privat sehr wichtig und so habe ich die Chance genutzt, meine private Vorliebe beruflich auszuleben. Im Übrigen ist die Esterházy Privatstiftung ein sehr spannendes Unternehmen und ich konnte das, was ich bei Siemens gelernt habe, im Kulturbereich anwenden. Wobei es für mich keine Selbstverständlichkeit war, dass ich das kann. Im Gegenteil: Es war eine Herausforderung, der ich mich aber gern gestellt habe.

Waren die Aufgaben nicht sehr unterschiedlich? Immerhin ist Siemens ein weltweit tätiger Technologiekonzern, während das Ziel der Esterházy Privatstiftung unter anderem im Erhalt und in der Pflege von Kulturgütern besteht.
Natürlich gab es Unterschiede, schließlich lag der Fokus bei der Esterházy Privatstiftung klar auf dem kulturellen Bereich. Generell ging es aber bei Siemens als auch bei Esterházy um Marketing und Kommunikation – insofern gab es sehr viele Parallelen. Es war wirklich eine runde Geschichte: So war ich von der Evaluierung möglicher Veranstaltungsformate, die Koordinierung von Projektteams, externer Partner oder beispielsweise sogar Streichquartetten über die Erstellung von Budgets und Mediaplänen bis zur Umsetzung oder sogar dem Kartenverkauf zuständig. Allerdings war es auch sehr anstrengend, weil ich weiterhin in Wien gelebt habe.

Sie sind jeden Tag von Wien nach Eisenstadt gefahren?

Ja, wobei es vom Verkehr her meist gut gegangen ist, weil ich ein antizyklischer Pendler war – die meisten Burgenländer arbeiten ja in Wien und nicht umgekehrt. Außerdem bin ich jeden Tag zwei Mal der Sonne entgegen gefahren – das hat auch seinen Reiz (lacht). Aber auf Dauer waren die Tage dadurch einfach sehr lang und so habe ich mich am Ende des Haydn-Jahrs für eine Auszeit entschlossen.   

Und dabei haben Sie gemerkt, dass Sie doch wieder zurück nach Vorarlberg wollen?
So kann man das nicht sagen, denn ich habe mir erst dann Gedanken darüber gemacht, ob ich tatsächlich wieder nach Vorarlberg möchte, als ich per Zufall über eine Stellenanzeige gestolpert bin. Oder eigentlich erst, als man mich gefragt hat, ob ich mit dem Arbeitsplatz Vorarlberg ein Problem hätte – in der Anzeige selbst hieß es nämlich nur „Kommunikationsmanager in einem Non-Profit-Unternehmen in Westösterreich“. Als es tatsächlich Vorarlberg war, ist innerlich ziemlich viel abgelaufen: Kann ich mir es vorstellen, wieder zurück ins Ländle zu gehen? Will ich das überhaupt? Ich war natürlich in den Jahren zuvor oft in Vorarlberg – um die Eltern zu besuchen oder im Sommer zum Segeln. Aber tatsächlich wieder hier zu leben, ist schon etwas anderes. Also habe ich versucht, es mir ganz konkret vorzustellen, und irgendwie hat es gepasst. Erst dann habe ich mich auf den Bewerbungsprozess eingelassen.

Sie wussten erst gar nicht, dass es sich um das ifs handelt?
Nein, allerdings war der Job derart spannend beschrieben, dass ich mir gedacht habe: „Das könnte mich interessieren.“ Außerdem war es wieder etwas Neues und in gewisser Weise war es ein ähnliches Wagnis wie der Wechsel von Siemens zu Esterházy. Ich bin aber der Meinung, dass man sich nur weiterentwickeln kann, wenn man sich immer wieder neuen Aufgaben stellt. Herausforderungen bringen einen weiter.

Und hält der Job, was die Anzeige versprochen hat?

Absolut. Es ist wirklich sehr spannend, denn das ifs verfügt mit seinen unterschiedlichen Fach- und Unternehmensbereichen über eine Vielfalt, die durchaus mit Siemens vergleichbar ist. Jede Abteilung braucht etwas anderes und die Aufgaben sind sehr abwechslungsreich: von den klassischen Öffentlichkeitsarbeit über Zeitungen bis zum Jahresbericht. Fad wird einem da nie – im Gegenteil: Der Job macht mir irrsinnig Spaß und ich finde den Sozialbereich sehr spannend, unter anderem auch weil er hochpolitisch ist.

Wie schaut es privat aus? Vermissen Sie etwas, schließlich sind Sie ja kulturbegeistert...
Selbstverständlich ist es ein Unterschied, ob man am Abend schnell ins Burgtheater gehen kann oder nicht. Ich muss allerdings sagen, dass sich in kultureller Hinsicht sehr viel getan hat im Ländle und Großstädte wie Zürich und München sind ja auch in kürzester Zeit erreichbar. Und von der Lebensqualität ist es hier natürlich ein Traum. Dennoch vermisse ich Wien: die Großzügigkeit, wie die Menschen auf einen zugehen. Ein bisschen mehr Gelassenheit würde den Vorarlbergern nicht schaden (schmunzelt). Vor allem aber lässt man ein ganzes Leben und sehr viele Freunde zurück, wenn man so viele Jahre an einem Ort gelebt hat. Doch ich weiß heute, dass das alles bleiben wird – so wie die besten Freunde aus meiner Jugendzeit hier geblieben sind.

Factbox
Mag. Dr. Julia Kleindinst, MAS (Jahrgang 1970), zeichnet seit Juli 2010 für die Leitung der internen/externen Kommunikation des Instituts für Sozialdienste verantwortlich (www.ifs.at). Für diese neue Herausforderung kehrte sie in ihre Heimat zurück, nachdem sie von 1988 bis 2010 in Wien gelebt hat. Heute wohnt die gebürtige Eichenbergerin in Bregenz. 

  • 1988 – 1995: Studium (Fokus Geschichte)
  • 1996 – 2007: Siemens AG Österreich (Corporate Communications – Siemens Forum Wien, verantwortlich für das historische Archiv von Siemens Österreich)
  • 2007 – 2009: Esterházy Privatstiftung, Eisenstadt (Kulturmarketing und Events mit Blick auf das Haydn-Jahr 2009

Auf Social Media Teilen:          

ifs Vorarlberg - Institut für Sozialdienste

  Interpark FOCUS 40, 6832 Röthis
  Österreich
  +43 5 1755-500

Kein Logo vorhanden

Könnte Sie auch interessieren