Von naiven Anfängen zur Spitze des Bio-Weinhandels

Von naiven Anfängen zur Spitze des Bio-Weinhandels
Karl Schefer, Delinat

Er trat 1980 mit der risikoreichen Vision an, europaweit den ökologisch nachhaltigen Weinbau zu etablieren. Heute praktiziert Karl Schefers Familienunternehmen Delinat AG die strengsten Bio-Richtlinien für Anbau und Produktion von Bio-Wein. Mit 3,5 Millionen verkauften Flaschen pro Jahr und der Zusammenarbeit mit rund 100 Winzern, hat das Unternehmen bewiesen, dass Bio-Weinproduktion auch ökonomisch funktioniert.

Kunden sind egoistisch, sagt Karl Schefer - nicht zuletzt, weil er mit dieser Einschätzung erfolgreich ist. Sein Credo: Die Leute wollen für wenig Geld guten Wein kaufen. Deshalb hat sich Delinat von Anfang an anders positioniert als es in der Biobranche üblich war. «Die entscheidenden Argumente sind Qualität, Preis und Service», sagt Schefer. Er hat dafür gesorgt, dass Delinat-Weine bei Blind-Degustationen in jeder Preisklasse zu den Siegern gehören. Die hohen Ansprüche an Delinat-Winzer aber auch an das Unternehmen selbst in Bezug auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, hat er nicht nur beibehalten, sondern im Laufe der Jahre ausgebaut, ohne es an die grosse Glocke zu hängen. Weder Kunden noch die Natur sollen für guten Wein einen zu hohen Preis zahlen.

Nach drei brotlosen Jobs kam der Erfolg

Bevor der Wirte Sohn aus St.Gallen in den Weinhandel einstieg absolvierte er eine Lehre als Chemielaborant. Es folgte eine Ausbildung zum Homöopathen nach der er eine Naturheilpaxis eröffnete. 1979, während eines Aufenthalts in Paris entdeckte er Bio-Wein in einem Reformhaus. «Der Wein war nicht sehr gut, aber ich fand die Idee interessant», erinnert sich Schefer. Sein Bruder und seine Frau sahen eine Marktlücke und versuchten ihn zu überzeugen, in den Bio-Weinhandel einzusteigen. Weil Schefer gerade ein Computerprogramm entwickelte, das Homöopathen die Arbeit erleichtern sollte, blieb er zunächst Naturheilpraktiker. Schliesslich aber nahm er doch Kontakt zu Händlern auf, um den Vertrieb von Bio-Wein zu sondieren. «Die haben mich nur ausgelacht.» Doch er gab nicht auf und suchte mit Kleininseraten Leute, die an Bio-Wein interessiert waren. Schliesslich hatte er eine Kartei mit 2000 handgeschriebenen Adressen gesammelt und begann per Post Bio-Wein-Pakete zu versenden. Das Geschäft lief harzig. Schefer dachte mehrmals ans Aufhören. Dann aber fand er Partner und gründete mit ihnen eine AG mit einem Aktienkapital von
200 000 Franken, die aber sehr schnell aufgebraucht waren. Nun wollte er endgültig hinschmeissen. Die Partner mochten jedoch nicht allein weitermachen. Sie schenkten ihm und seiner Frau ihre Aktien. Das war der Moment als Karl Schefer endgültig Weinhändler wurde.

Das erfolgreichste Weinabo Europas
Der Anfang im Jahr 1980 war hart: «Wir wurden speziell aus der Bio-Ecke angegriffen, weil viele dachten, bio sei gleichbedeutend mit klein, links und arm. Wir sind aber keine Idealisten und schon gar keine Moralisten, sondern lebensfrohe Natur- und Weinfreunde, welche die Marktgesetze nutzen und Geld verdienen wollen.»

Delinat musste eine lange Durststrecke überstehen. Kaum jemand glaubte damals an den Erfolg von biologischen Weinen. Es war eine ganz kleine Nische, die Delinat besetzt hatte. Die ersten Erfolge in den 90er Jahren verdankte das Unternehmen der Einführung des DegustierService, der zum erfolgreichsten Wein Abo Europas wurde.

Damals begann sich zu rechnen, dass auf Marktgesetze fernab jeder Ideologie gesetzt worden war. Die hervorragende Qualität der Delinat-Weine sprach sich im Laufe der Zeit herum, Bio-Weine fanden vermehrt Beachtung, das Bewusstsein der Menschen für Bio-Qualität wurde geschärft. «Trauben aus biologischem Anbau schmecken besser. Sie sind gehaltvoller, aromatischer und reicher an Vitalstoffen. Logisch, dass mit dieser Basis bessere Weine entstehen. Ausserdem besteht nicht die Gefahr von gesundheitsschädigenden Pestiziden», erläutert Schefer. Mittlerweile nimmt man Bio-Weine auch in der Fachwelt ernst. Delinat und Schefer persönlich sind längst keine Unbekannten mehr. Die Zusammenarbeit mit einer der erfolgreichsten Schweizer PR Agenturen förderte die Bekanntheit zusätzlich. Heute umfasst das Delinat-Sortiment Gewächse aus Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Österreich, Ungarn, Portugal, Griechenland und der Schweiz. In den Märkten Schweiz, Deutschland und Österreich werden mittlerweile jährlich über drei Millionen Flaschen verkauft. Dieser Erfolg beruht in erster Linie auf den enormen Qualitätsverbesserungen im biologischen Anbau.

Der reale Wert des Weines
Delinat Weine gibts im mittleren bis hohen Preissektor. Ein Vertreter utopisch hoher Preise ist Schefer aber nicht. Um die Behauptung von Delinat, dass auch die allerbesten Weine höchstens einen realen Wert von etwa 60 Franken pro Flasche haben, hat das Unternehmen mit einem interessanten Experiment untermauert. In einer Runde von 16 Teilnehmern wurden vier Serien mit je drei Weinen blind getestet und verkostet. Die meisten Teilnehmer haben die Weine mit den teilweise happigen Flaschenpreisen weltberühmter Namen oder Etiketten blind nicht erkannt und auch nicht mit dementsprechend hohen Wertungen honoriert. Damit war zumindest das Fazit naheliegend, dass die kompromisslos im Einklang mit der Natur erzeugten Delinat Weine dem Vergleich mit prestigeträchtigen Kultweine problemlos standhielt. Karl Schefer: «Auch wenn die Erträge noch so gering gehalten werden, die Arbeit im Weinberg noch so aufwändig ist, die Beeren einzeln von Hand gelesen und der Wein jahrelang in den besten Barriques gelagert wird, ist meiner Meinung nach alles über 60 Franken kein realer Weinwert mehr.» Da bezahle man nur Prestige und Marketing.

In Zukunft soll Delinat auch im Detailhandel dabei sein
Um dieses Ziel zur erreichen, will das Unternehmen in eigenen Läden, Depots und Weinbars Kunden für Delinat-Wein begeistern und neue Abonnenten für den DegustierService finden, mit dem Delinat knapp die Hälfte des Umsatzes macht. Rund zwanzig Shops sollen so in den nächsten Jahren entstehen auch mit dem Ziel neue Abonnenten für den DegustierService zu finden, mit dem Delinat zurzeit rund die Hälfte des Umsatzes macht.

Schefer und seine Mitarbeitenden haben also nach wie vor viel zu tun, zumal er sich selbst als Prozessdenker bezeichnet, der immer alles optimiert. Von den 14-Stunden Arbeitstagen entspannt er öfters auf den Weingütern seiner Winzer, wo er auch Zeit in sein Hobby, der Makrofotografie, investiert, indem er Insekten und Pflanzen ins Bild setzt.

Schefer ist verheiratet und Vater von zwei Kinder. Die Tochter hat Önologie studiert und erste Funktionen bei Delinat übernommen. Sie wird vermutlich dereinst die Firma übernehmen. So wird Delinat wohl auch in Zukunft seinem Credo treu bleiben: Wirklich guter Wein entsteht nur im Einklang mit der Natur und in enger Zusammenarbeit mit den Winzern.

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Delinat AG

  Davidstrasse 44, 9000 St. Gallen
  Schweiz
  +41 71 2276301

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