In Vorarlberg angekommen aber Wien noch nicht verlassen

In Vorarlberg angekommen aber Wien noch nicht verlassen
Martin Staudinger (Foto: Caroline Begle)

Der Harder Martin Staudinger kehrt nach 17 Jahren in Wien wieder nach Vorarlberg zurück. Er leitet jetzt die Landesstelle Vorarlberg des Sozialministeriumsservice in Bregenz. Der 37 Jährige erzählt, warum er hier angekommen, aber Wien noch nicht verlassen hat und was das „Wiener Tamtam“ beim Arbeiten ist.

Warum ging der junge Martin Staudinger nach der Matura nach Wien?
Ich wollte hinaus aus Vorarlberg, in die große Welt. Naja, bis Wien habe ich es zumindest geschafft. Vorarlberg war mir damals global gesehen zu beengt. Mein Wunsch war es einfach weiter zu sehen und zu denken, als ich das bisher in Vorarlberg getan habe.

Wie war der Schritt in die Großstadt?

Einfach nur lässig. Das Studium ist ja mit die tollste Zeit des Lebens. Man ist frei, kann sich selbst organisieren. Alles ist anders, groß, man lernt so viele neue Menschen kennen. In dieser Zeit kann man genau das machen, was einen interessiert.

Was hat Sie interessiert?
Ich habe Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien und Politikwissenschaft an der Uni Wien studiert. Ich war immer schon politisch gebildet und etwas bewirken hat mir auch gefallen. Es ist toll zu sehen, was für große und bewegende Dinge man in der Politik umsetzen kann. Schade ist nur, dass ich das Ergebnis meiner Arbeit nie angreifen kann und die Menschen oft auch gar nicht wissen, dass das mein Werk ist. Da hat es ein Architekt einfacher. Der kann das fertige Haus bewundern und nach 30 Jahren wieder vorbei spazieren und seine Leistung sehen und auch berühren.

Wann und warum kam dann der Wunsch nach einer Rückkehr?
Das hat sich ganz langsam so entwickelt. Ich habe viele meiner Urlaube in Vorarlberg verbracht und immer mehr die Vorzüge entdeckt und zu schätzen gelernt. Irgendwann hat mir dann die Großstadt mit dem Beton und den Abgasen gereicht. Ich habe mich gefragt, wie ich in Zukunft leben möchte und was ich jetzt tue. Zufällig wurde mir dann an diesem Tag am Nachmittag die Chance angeboten, die Landesstelle Vorarlberg des Sozialministeriums zu leiten. Da war die Entscheidung recht schnell gefallen.

Wie war der Schritt wieder zurück in die Heimat?
Viel besser als erwartet. Die letzten Jahre habe ich in Vorarlberg ja nur Urlaub gemacht, habe nur die Sonnenseiten gesehen. Jetzt war da plötzlich Alltag, arbeiten, Regentage und Nebel. Ich war skeptisch, wie die Leute und die Kultur sind. Ich kann aber sagen, Vorarlberg hat sich in den letzten 17 Jahren verändert, ich auch und so klappt das jetzt ganz wunderbar. Die Lebensqualität hier ist wesentlich höher und ich bin beeindruckt, wie Vorarlberg zu einem dynamischen Land geworden ist, das weltweit führende Konzerne, moderne Architektur und ein gutes Öffi-System hat. Wenn man in Wien aus der Stadt rausfährt, hat man sofort das Gefühl, alles ist vorgestrig. Das gibt es hier in Vorarlberg nicht.

Sie sind jetzt seit knapp 12 Monaten wieder hier. Sind Sie schon ganz angekommen?
Ich bin in Vorarlberg angekommen, habe aber Wien noch nicht verlassen. Ich war im vergangenen Jahr regelmäßig beruflich in Wien. Habe meine Freunde getroffen, Veranstaltungen besucht oder war in bestimmten Geschäften einkaufen. Ich hatte einfach noch keine Zeit, etwas aus Wien zu vermissen, weil ich so oft dort war.

Gibt es auch berufliche Unterschiede zwischen Vorarlberg und Wien?
Ja, das ist ganz spannend. In Wien wird oft ein großes Tamtam gemacht, viel geredet und dann erst gehandelt, aber immer mit einem gewissen Schmäh. In Vorarlberg sind die Menschen ruhiger und erledigen die Sachen einfach. Der Vorarlberger ist viel effizienter. Ich habe gemerkt, dass ich doch ein bisschen ein typischer Vorarlberger bin. Das ist gut so.

Zur Person:
Martin Staudinger ist Leiter der Landesstelle Vorarlberg des Sozialministeriums. Der 37 Jährige verbringt seine Freizeit im Sommer auf dem Bodensee beim Wakeboarden, im Winter im Montafon beim Snowboarden und im Jänner in Wien, um die Ballsaison zu genießen.

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